logo lbg grau

Vorlesetag am Lily

Am 17. November fand wieder der bundesweite Vorlesetag statt. Auch am Lily-Braun-Gymnasium wurde in den Klassenstufen 7-10 fleißig vorgelesen. In allen Unterrichtsfächern konnten Lehrer*innnen den Schüler*innen vorlesen, um sie auf interessante Bücher aufmerksam zu machen oder Unterrichtsinhalte noch spannender zu gestalten. In der Aula gab es für alle 9. Klassen eine Lesung, zu der Zoé aus der 9s1 einen Bericht verfasst hat.


Am 17.11.2023 besuchten drei Frauen vom Literaturprojekt „Daughters and Sons of Gastarbeiters“ das Lily-Braun-Gymnasium. Sie berichteten von ihren eigenen Erfahrungen, Gefühlen sowie von ihrem anfänglichen Umgang, den sie in Deutschland erlebt haben. Gespannt hörten wir ihren Geschichten, die sie uns nacheinander präsentierten, zu und stellten unterschiedliche Fragen zum Leben und ihren Geschichten.


20231125 Vorlesetag Lesung 4Eine dieser Frauen ist Dr. Çiçek Bacik. Sie ist in Spandau aufgewachsen. Ihre Jugenderfahrungen, die sie in einem Tagebuch festhielt, nutzte sie als Grundlage zum Beitrag in dem Buch „Grenzerfahrungen“. 1997 zog sie nach Berlin in einen Wohnblock, der von alleinstehenden Gastarbeitern bewohnt wurde und einem einzigen Deutschen, der alkoholabhängig war. Zwei Jahre besuchte Çiçek Bacik eine „Ausländerklasse“. Schnell wurde ihr klar, dass es die Bildung ist, die sie aus den „dunklen Fängen“ herausholen würde. Die Bekanntschaft mit einem neu eingezogenen deutschen Nachbarn ermöglichte ihr einen intensiven Austausch über deutsche Literatur, die sie später auch studierte. Als besonders wichtig empfindet Çiçek Bacik es, anderen Menschen zu ermöglichen, auch Einblicke in ihre Geschichte und Gefühle zu geben. Dies motiviert sie bis heute, Geschichten und Bücher zu schreiben.


20231125 Vorlesetag Lesung 2Miki Do arbeitet in der Sozial Media Abteilung und ist nebenbei als freiberufliche Autorin aktiv. Sie ist in Deutschland geboren. Ihr Vater kam als „Vertragsarbeiter“ in die DDR. Dafür war er sehr dankbar, denn ein Leben in Deutschland verbanden viele mit Freiheit. Alles änderte sich mit dem Mauerfall im November 1989. Vielen „Vertragsarbeitern“ aus Vietnam wurde der Vertrag gekündigt und eine Abfindung gezahlt. Dadurch sind viele nach Vietnam zurückgekehrt. Ihr Vater lehnte ab. Eine deutsche Familie war es, die ihnen einen Unterschlupf auf ihrem Dachboden gewährte damit sie in Deutschland bleiben konnten. Lange litt Miki Do an feindlichen Sprüchen, wodurch sie anfing, sich von der restlichen Welt zu isolieren. Sie kam sich wie ein Puzzleteil vor, dass nicht passte: Sie besaß zwar einen deutschen Pass und sprach auch ein perfektes Deutsch, doch ihr Äußeres passte damit nicht zusammen. Den Ansporn ihrer Eltern erfolgreich in der Schule zu sein, nahm sie ernst. Denn dies ist ein vielversprechender Weg, was aus sich machen zu können. Ihr zukünftiges Ziel ist es ein eigenes Buch international zu veröffentlichen, damit ihre Eltern und ihre Generation es lesen können.


20231125 Vorlesetag Lesung 3Anders als bei Miki Do kommen die Eltern von Rosaria Chirico aus einem süd-italienischen Dorf. Zuhause entwickelten sie einen Sprachstil, der eine Mischung aus Italienisch und Deutsch wiedergab - ein Sprachmischmasch. Sie fühlte sich zwischen den Orten hin- und hergerissen, es war für sie schwer zu erklären, wohin sie gehörte, denn sie konnte zu Beginn weder richtig gutes Deutsch noch den italienischen Dialekt des Dorfes. Sie waren keine Familie der Worte, berichtet sie, denn ihre Eltern kamen, um zu arbeiten. Rosaria Chirico besuchte nach einer italienischen Grundschulklasse ein deutsches Gymnasium. Auch hier stellten sich Sprachbarrieren ein. Doch auch Rosaria Chirico fand in der Bildung ihren wichtigsten Impuls. Sie studierte in unterschiedlichen Bereichen und berät nun Frauen zu ihrem beruflichen Weg. Als Mitautorin des Buches „Grenzerfahrungen“ beschreibt Rosaria Erinnerungen an ihren Vater.